Von Anne Störger
Der erste Tag war sehr ernüchternd. Es waren nur zwei Drittel der Teilnehmer anwesend. Die verschlechterten Lebensbedingungen im Camp haben in den letzten 6 Monaten Spuren hinterlassen. Kaum einer lacht, sie sind dünn geworden und einige der Teamer haben ihren Job bei den Hilfsorganisationen verloren. Wir treffen auf eine desillusionierte Gruppe. Wir versuchen, sie da abzuholen, wo sie sind und lassen sie von ihrer Situation berichten. Dann wollen wir sie mit Hilfe neuer Methoden stärken. Unsere Message: die sechs Spirit-of-Football (SoF) Regeln sind ein Lifestyle, der sich nicht an der Zugehörigkeit zu einer Organisation orientiert, sondern an der persönlichen Einstellung. Die ‚Regeln sind in allen Bereichen des Lebens anwendbar und stärken sie selbst, und vor allem die Kinder und die Jugendlichen, die sie begleiten. Sie sollen wieder an Menschlichkeit glauben, durch Respekt, Toleranz, Rücksichtnahme, Ehrlichkeit, Unterstützung von Schwächeren, Fairplay mit Worten und durch Wertschätzung. Das ist die Grundlage für jede gut funktionierende Gesellschaft – eine Art Leitfaden für Kinder und Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen.
Trotz der furchtbaren Erfahrungen im Krieg sind unsere Teamer sehr willensstarke Menschen, die an das glauben was sie tun. Sie verstehen sofort was wir wollen. Fragen wie: Warum seid ihr eigentlich hier? Was möchtet ihr gerne von uns? Wie können wir Euch bei euren Herausforderungen unterstützen? sind heute zentral. Wir zeigen ihnen, dass wir verstehen und sie mit Ideen und Wissen unterstützen wollen, aber zur selben Zeit auch von ihnen lernen möchten, denn sie sind hier im Camp die Experten. Es ist nicht nur eine Form der Wertschätzung sondern es gehört zu unserem Kodex, unseren Trainees auf Augenhöhe zu begegnen.
Nach der Mittagspause gibt es für sie einen Input zu psychosozialen Methoden. Im Wesentlichen geht es darum, wie man mit heterogenen Gruppen umgeht und was sie mit ihrer Arbeit erreichen wollen. Welche Hürden gibt es? Die Trainer haben eine Vorbildfunktion im Camp-Alltag. Es soll nicht mit Frontalunterricht gearbeitet werden, sondern erfahrungsbasiert und offen, es soll Freude machen. SoF ist eine Lebenseinstellung, die nur echt wirkt wenn sie auch gelebt wird.
Wir weiblichen Teammitglieder arbeiten nach der Mittagspause mit den Frauen. Unsere Idee ist es, ihre Situation, ihre Ängste, Wünsche, das für wofür sie kämpfen, in eine Ausstellung zu integrieren, um ihnen damit die Möglichkeit zu geben, ihre Situation nach außen zu tragen. Die Frauen sind begeistert. Wir hätten uns nicht träumen lassen, dass sie sich wirklich damit einverstanden erklären. Es ist sehr emotional – alle sind berührt, wir inklusive. Die Frauen spüren, dass wir ihnen damit eine Stimme nach außen geben wollen und sie willigen ein. Auch sie fühlen, dass sich die Sicht der Welt auf Geflüchtete geändert hat. Sie fühlen sich unwillkommen. „Die Welt hat gelöscht, wer wir sind. Wir sind hier keine Frauen mehr, wir müssen wie Männer sein. Wir sind keine Individuen mehr, wir werden nur problematisiert,“ so eine 30-jährige Syrerin.
Ich kann ihr da nur recht geben. Neue Mittelkürzungen der großen Organisationen erschweren die ohnehin unhaltbare Situation zusätzlich. Die internationale Gemeinschaft verspricht sich von dem Sieg in Idlib, der ja gerade in aller Munde ist, ein Ende dieses Konflikts. Ich persönlich kann da nicht zustimmen, da meiner Meinung nach alles wesentlich komplizierter ist. Das Leben im Lager ist eine täglich wiederkehrende Routine, totale Kontrolle. Für die Frauen sind Gefahren wie sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, ein Teil des Alltags. Dennoch sind sie es, die Stärke zeigen, sei es für ihre Kinder oder eine sehr ungewisse Zukunft. Einige von Ihnen sind bereits seit 4 Jahren in Azraq, mitten in der Wüste. Das bedeutet gegenwärtig fast 50 Grad, rationiertes Wasser, nur einige Stunden Strom und zum Nichtstun verdammt sein. Heute ist ein Feiertag, an dem der Flucht des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina gedacht wird. Das bedeutet, dass wir Zeit haben, um unsere nächsten zwei Tage so gut es geht zu planen. Morgen werden wir weitermachen und wie alle Beteiligten wissen wir, dass die Situation nicht besser werden, sondern sich nur verschlechtern wird. Auch für uns belastend. Wir wohnen wieder neben dem Luftwaffenstützpunkt, dessen internationales Personal und Equipment aufgestockt worden ist. Vier zusätzliche Düsenjets in 500 Metern Entfernung sind nachts eine ganz schöne Herausforderung.
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Über Uns
Spirit of Football e.V. setzt sich für Weltoffenheit und gegen Ausgrenzung jeglicher Art ein. Kern unserer non-formalen Bildungsarbeit sind die Reisen von „The Ball“ zu den Fußball-Weltmeisterschaften. Mit der Weltsprache Fußball und seiner interkulturellen Kraft wurden seit 2002 über 40.000 Menschen erreicht. Diese Erfahrungen fließen in die Curricula der schulischen und außerschulischen Bildungsangebote, die wir seit 2010 umsetzen.
Wir realisieren Projekte in Thüringen, Deutschland und aller Welt, in denen der Fußballsport mit einer sozialen Idee und interkulturellen Dimension verknüpft wird. So tragen wir die Philosophie von FairPlay und „Globales Lernen“ in die Klassenräume. Seit Anfang 2015 leisten wir mit der Willkommensinitiative „Spirit of Welcome“ einen Beitrag zu einer positiven Willkommenskultur für geflüchtete Menschen in Erfurt.
Neueste Kommentare
31/07/2024 um 15:05
Hallo Mokka e.V., vielen Dank für eure schöne Rückmeldung. Es freut uns, dass es euch gefallen hat. Wir fanden den Tag auch wunderbar. LG aus Erfurt – SOF
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16/07/2024 um 15:30
Tausend Dank und ganz liebe Grüße nach Erfurt.
Ein ganz besonderer Tag, der unserem Team und allen Besucher*innen in Erinnerung bleiben wird. Macht weiter so, ihr seid toll!!!!!!!!
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09/03/2018 um 14:33
Two Balls (Rund und Oval) One World
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22/10/2016 um 19:09
na klar ..
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22/10/2016 um 19:04
na klar ..
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16/09/2015 um 19:43
Hey Silvio, wir fangen dieses Jahr mit den drei Quartieren an und schauen, wie es angenommen wird. Wir haben den Huttenplatz auf dem Schirm, wenn wir für 2016 planen. Wenn du kannst, komm‘ doch einfach mal an den Terminen am Wiesenhügel und am Juri vorbei. LG Sven
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10/09/2015 um 9:28
Warum ist immer der Huttenplatz aussen vor?
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03/01/2015 um 23:14
Hallo Jeanette, das nächste Feriencamp werden wir in den Osterferien 2015 durchführen. LG Sven
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